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Hybride Arbeitsmodelle – Was muss bei der Einführung beachtet werden?

Eine aktuelle Studie mit 841 Führungskräften in der Schweiz zeigt, welche zentralen Herausforderungen Unternehmen angehen, um hybride Arbeitsmodelle erfolgreich zu gestalten. Fazit: ein erfolgreicher Wechsel zu hybriden Modellen ist weit mehr als die Anpassung von Arbeitsverträgen. Insbesondere die Themen Unternehmenskultur und Mitarbeiterunterstützung brauchen neue Impulse.

Falk Weber
Novu Office

Zwei grosse Herausforderungen: Kultur und Menschen

COVID-19 hat den Wandel von Arbeitsmodellen massiv beschleunigt. Der Hybrid Work Compass, eine Gemeinschaftsstudie der Universität St. Gallen, Novu Office und HR Campus, zeigt, dass in Zukunft 77% der Unternehmen in der Schweiz hybrid arbeiten werden. Die wenigsten Unternehmen haben allerdings bereits heute ein klares Bild ihres zukünftigen Arbeitsmodells (Abbildung 1). Gleichzeitig zeigt die Studie, welche zentralen Herausforderungen Unternehmen angehen müssen, damit der Wechsel hin zu einer flexibleren Arbeitswelt erfolgreich gestaltet werden kann (Abbildung 2).

Zwei zentrale Themenbereiche, mit denen sich Unternehmen aktuell intensiv auseinandersetzen, wurden wiederholt genannt:

  1. Unternehmenskultur: Wie können Unternehmen in einer hybriden Welt die bestehende Unternehmenskultur am Leben erhalten und gleichzeitig einen Kulturwandel einleiten, der für ein langfristig erfolgreiches hybrides Arbeiten notwendig ist?
  2. Mitarbeiterunterstützung: Welche zusätzlichen Kompetenzen und Rahmenbedingungen benötigen Mitarbeitende, um zukünftig weiterhin erfolgreich und gesund – psychisch wie physisch – arbeiten zu können?

Im Anschluss an die Studie wurden Gespräche mit über 100 Unternehmen geführt, mit der Fragestellung, wie sie den Herausforderungen begegnen. Das Ergebnis ist eine Mischung aus konkreten Lösungsansätzen und Anregungen für Diskussionen, die Unternehmen jetzt führen müssen.

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Grafik Entwicklungsgrad hybrider Arbeitsmodelle
Grafik Entwicklungsgrad hybrider Arbeitsmodelle

„Culture eats strategy for breakfast“

Ob man der Aussage von Peter Drucker „Culture eats strategy for breakfast“ zustimmt oder nicht, eines lässt sich nicht leugnen: Der grosse Einfluss, den die Unternehmenskultur auf den Erfolg oder Misserfolg von Unternehmen hat. Wenn Mitarbeitende neu 40-60% von Zuhause aus arbeiten, reduzieren sich die zufälligen, physischen Begegnungen zwangsläufig. Viele Firmen stellen sich deshalb die Frage, wie sie ihre bestehende Kultur am Leben erhalten können.

Das Thema physischer Austausch, der über «Arbeit» hinausgeht, steht dabei bei vielen Unternehmen im Vordergrund. Budgets für soziale Events werden aufgestockt und immer häufiger werden «Social Officers» eingeführt, die neben ihrer normalen Tätigkeit dafür zuständig sind, Events zu organisieren. Grundsätzlich geht es darum, Mitarbeitende über Funktionen hinweg physisch zusammenzubringen.

Onboarding als ein zentraler Baustein

Zudem überdenken viele Unternehmen ihre Onboarding Prozesse. In der Vergangenheit lag der Fokus auf Prozessen und Tools. In Zukunft wird es vielmehr darum gehen, «New Joiners» mit anderen Mitarbeitenden zu vernetzen, damit diese die Menschen und damit verbunden die Unternehmenskultur kennenlernen. Ein Ansatz sind «Meet and Connect Schedules», bei denen neue Mitarbeitende über Monate systematisch Kollegen aus der ganzen Organisation kennenlernen. Andere Unternehmen setzen auf «soziale Schnitzeljagt», bei denen die neuen Mitarbeitenden Personen innerhalb der Organisation ausfindig machen müssen, basierend auf «Fun Facts» zu diesen Personen.

Ein weiteres Thema ist die Gleichberechtigung bzw. das Thema Fairness. In den meisten Unternehmen können nicht alle Angestellten remote arbeiten. Daher ist es wichtig, dass bei der Entwicklung und Kommunikation aktiv darauf eingegangen wird, wie man alle Mitarbeitenden in einem hybriden Arbeitsmodell mitnehmen kann. Ansätze in diesem Zusammenhang beginnen bei flexibler Zeiteinteilung (z.B. bei Produktionsmitarbeitenden) über «Friseur im Office»-Angebote bis hin zu zusätzlichen Urlaubstagen.

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Grafik Herausforderungen hybrider Arbeitsmodelle
Die grössten Herausforderungen hybrider Arbeitsmodelle

Wandel zu einer selbstverantworteten Arbeitsgestaltung

In einer hybriden Arbeitswelt muss allerdings nicht nur die bestehende Kultur erhalten werden, sondern es braucht gleichzeitig auch einen aktiven Kulturwandel. Zukünftige Modelle bewegen sich weg von einer regulierten Arbeitswelt (z.B. Präsenzzeiten, Erreichbarkeit) hin zu einer selbstverantworteten Freiheit der Arbeitsgestaltung.

Ein solcher Wandel bedingt Vertrauen und Eigenverantwortung gleichermassen. Viele Firmen nehmen das Thema «New Work» als Anstoss, um sich aktiv mit dem Thema Kultur auseinanderzusetzen. Ein zentraler Aspekt hierbei ist Leadership. Eine Vertrauenskultur kann nur funktionieren, wenn sie von Führungskräften entsprechend vorgelebt wird. Eigenverantwortung bedingt, dass Führungskräfte bereit sind, Verantwortung abzugeben.

Mitarbeitende brauchen Unterstützung

Kultur und Leadership sind allerdings nur der eine Teil. Gleichzeitig müssen Mitarbeitende dazu befähigt werden, sich in einer hybriden Welt nicht nur zurecht, sondern auch wohlzufühlen. Dies betrifft sowohl die psychische wie aber auch die physische Komponente des Wohlbefindens.

Der Hybrid Work Compass zeigt deutlich, dass das Thema «mentale Gesundheit» eine zentrale Herausforderung darstellt. Mitarbeitende müssen lernen, sich selbst zu organisieren und Grenzen zwischen Arbeit und Privatleben zu ziehen. Unternehmen nehmen diese Aspekte verstärkt auf und passen Personalentwicklungsangebote entsprechend an.

Gleichzeit geht aus einer Mercer Studie hervor, dass 41% der Mitarbeitenden über neue oder verstärkte Schulter- und Rückenschmerzen berichten, seit sie vermehrt von zuhause aus arbeiten. Dies spiegeln auch Ergebnisse aus dem Hybrid Work Compass wider – viele Unternehmen bieten Mitarbeitenden bereits IT-Unterstützung an. Ergonomisches Mobiliar wird allerdings erst von wenigen Unternehmen bereitgestellt.

Ganzheitlicher Wandel muss das Ziel sein

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die erfolgreiche Umsetzung eines hybriden Arbeitsmodells weit mehr bedarf, als die blosse Erlaubnis, zwei bis drei Tage von zuhause aus zu arbeiten. Unternehmen müssen das Thema ganzheitlich betrachten und Mitarbeitende aktiv unterstützen. Nur so kann ein gesundes und erfolgreiches Arbeiten für Unternehmen wie Mitarbeitende gewährleistet werden.

 

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