Themenbereich Aufgaben und Stress Die Aufgaben- und Arbeitsgestaltung hat eine wichtige Bedeutung für die Entwicklung Ihrer Lernenden. Informieren Sie sich über die belastenden Aspekte von Aufgaben und wie Sie Stress bei den Jugendlichen vermeiden. Denn gut gestaltete Arbeitsaufgaben können als gesundheitsförderliche Ressource verstanden werden. 1 – Bedeutung von Aufgaben Für die auffälligen Reaktionen in den Fallbeispielen sind verschiedene Ursachen denkbar – private und arbeitsbezogene. Unter anderem kann die Ursache in den Aufgaben der Auszubildenden liegen. Stellen Sie sich dazu folgende Fragen: Wenn Sie die Fragen in der Grafik mehrheitlich mit JA beantworten können, dürfen Sie sich freuen. Gut gestaltete Aufgaben beeinflussen die Befindlichkeit und die psychische Gesundheit der Lernenden positiv. Stimmen Fremd- und Selbstbild überein? Dabei ist zu berücksichtigen, dass das Selbstbild der Jugendlichen nicht zwingend mit den Einschätzungen der Berufsbildner/innen überein stimmen muss. Kann es z.B. sein, ...dass Sie die Lernenden überschätzen und ihnen zu anspruchsvolle Aufgaben übertragen? ...dass sich die Lernenden selber überschätzen und zu grosse Spielräume einfordern? ...dass Sie die Lernenden unterschätzen und ihnen zu wenig neue Aufgaben übertragen? ...dass sich die Lernenden selber unterschätzen und deshalb wenig neue Aufgaben übernehmen wollen? Gute Aufgaben entsprechen den Fähigkeiten der Lernenden Es ist wichtig, dass Ihre Aufgabenstellung möglichst gut mit den aktuellen Fähigkeiten und Kompetenzen der oder des Lernenden übereinstimmt. Ein Vergleich des Selbstbildes mit dem Fremdbild kann hier als gute Diskussionsbasis dienen. Sind die Anforderungen zu hoch oder zu gering, kann dies für die/den Lernende/n psychisch belastend sein. Damit verbunden kann es hilfreich sein, gegenseitige Erwartungen zu klären. Stellen Sie sich dazu folgende Fragen: Wissen Sie, welche Erwartungen die Lernenden an die Gestaltung ihrer Aufgaben haben (z.B. in Bezug auf ihre Handlungsspielräume, ihre Verantwortung oder die Möglichkeit, Neues zu lernen)? Über welche dieser Erwartungen haben Sie sich mit den Lernenden bereits ausgetauscht? Welche basieren allein auf ihren Vermutungen? Welche Erwartungen haben Sie selber an die Lernenden in Bezug auf die Erfüllung ihrer Aufgaben? Welche dieser Erwartungen haben Sie ausdrücklich kommuniziert? Welche kennen die Lernenden möglicherweise nicht? 2 – Belastende Aufgaben Grundsätzlich sind Anforderungen aus Sicht der Gesundheitsförderung positiv. Allerdings nur dann, wenn sie nicht zu hoch oder zu niedrig angesetzt sind. Prüfen Sie daher in diesem Zusammenhang folgende Fragen: Sind die Aufgaben der Lernenden zu anspruchsvoll bzw. zu schwierig? Ist die geforderte Arbeitsmenge (über eine längere Zeit hinweg) zu hoch? Haben die Lernenden zu wenig zu tun? Sind die Lernenden zu wenig gefordert, ist ihre Arbeit zu eintönig? Sowohl zu hohe als auch zu geringe Anforderungen bedeuten auf die Dauer ein Risiko für das Befinden und die psychische Gesundheit der Lernenden. Es gibt weitere Belastungen, die als Folge der Arbeitsaufgabe oder der Arbeitsorganisation auftreten können. Auch darauf dürfen Sie achten: Gibt es häufig ungeplante Unterbrechungen, die vermeidbar sind? Fehlen häufig notwendige Informationen, um die Aufgaben zu erledigen? Liegen falsche Informationen vor? Bestehen häufige, emotional belastende Kontakte mit Kund/innen, Patient/innen etc.? Gibt es belastende Bedingungen in der Umgebung – wie Lärm, schlechtes Klima usw.? Solche Merkmale der Aufgaben, der Arbeitsorganisation oder der Arbeitsumgebung können ebenfalls psychisch belasten. Möglicherweise entsteht dadurch Stress. 3 – Stress Stress bedeutet, dass die (tatsächlichen oder wahrgenommenen) Anforderungen und die Handlungsmöglichkeiten der Jugendlichen aus dem Gleichgewicht geraten sind: Von Stress sprechen wir allerdings erst dann, wenn sich dieses Ungleichgewicht unangenehm anfühlt und verbunden ist mit körperlichen und psychischen Zeichen des Unwohlseins. Stress ist ein Prozess und kein Zustand Bei Stress handelt es sich um einen Prozess, nicht um einen «statischen» Zustand: Zunächst sind wir einer «stressigen» Situation ausgesetzt. Diese Situation bewerten wir danach, ob sie für uns bedrohlich ist. Darauf folgt meist ein Versuch der Bewältigung. Die Möglichkeiten zum Umgang mit der stressigen Situation werden geprägt durch die Ressourcen, die uns dafür zur Verfügung stehen. Schliesslich kann es zu körperlichen, psychischen und verhaltensbezogenen Reaktionen auf die stressige Situation kommen (vgl. dazu untenstehende Abbildung): Stress auslösende Bedingungen Wenn die Bedingungen in folgenden vier Bereichen ungünstig sind, können sie typischerweise Stress auslösen. Es ist dann von Belastungen oder so genannten «Stressoren» die Rede: Aufgabe Zu eintönig, zu schwierig, gefährlich, emotional belastend («Emotionsarbeit») Arbeitsorganisation Überlastung, alles bis ins Detail vorgeschrieben bekommen, mangelhafte Arbeitsmittel, unklare Anweisungen, unklare Bewertungskriterien, ineffiziente Abläufe, häufige ungeplante Unterbrechungen, fehlende oder falsche Informationen Soziale Bedingungen Belastendes Verhalten von Vorgesetzten, grosse Abhängigkeit, Unfairness, fehlende Anerkennung, fehlender Respekt, schlechtes Klima, Konflikte, Mobbing Organisationale Bedingungen Ungünstige Informationspolitik, Lohnpolitik, Arbeitszeiten Belohnungskrisen (Ungleichgewicht: «ich gebe mehr als ich bekomme», Anerkennung, Status, Lohn) Unsichere berufliche Zukunft Physische Bedingungen: Lärm, Hitze, Kälte, Erschütterungen, Enge, Nachtarbeit Umstände, in denen Stress negativ erlebt wird Stress muss nicht zwingend zu negativen Folgen führen. Das Risiko für gesundheitliche Beschwerden wird allerdings deutlich höher, wenn ... der Stress zu lange andauert, das «stressige» Ereignis besonders gravierend ist, Versuche, mit Stress umzugehen, bereits fehlgeschlagen sind, der sich der Stress auf andere Lebensbereiche überträgt, allgemein die nötigen Ressourcen zum Umgang mit Stress fehlen. Unterschiedliche Ressourcen helfen Ressourcen in Form von inneren Fähigkeiten und äusseren Rahmenbedingungen helfen dabei, mit Stress umzugehen. Sie lassen sich wie folgt nach situativen (organisationalen, sozialen) und personenbezogenen Ressourcen unterscheiden: organisational Autonomie, Handlungsspielräume (ich habe Freiheiten in Bezug auf meine Arbeitsweise oder Zeiteinteilung) Information, Mitsprache, Beteiligung Einbezug bei Entscheidungen (z.B. bei Fragen, die meine tägliche Arbeit betreffen) sozial Soziale Unterstützung (mir wird zugehört, ich erhalte praktische Hilfe, ich kann mich auf Kolleg/innen verlassen) Wertschätzung, Anerkennung Fairness (ich werde gerecht behandelt, ich erhalte adäquate Gegenleistungen für meinen Einsatz und mein Engagement) personal persönliche Kontrollüberzeugungen (ich steuere die Situation) eigene Kompetenzen, eigenes Wissen (ich kann das, ich habe die nötige Erfahrung) Selbstwert und Selbstwirksamkeitsüberzeugungen (ich kann die von mir gewünschten Wirkungen selber erzeugen) Kohärenzerleben (ich verstehe die an mich gestellten Anforderungen, ich kann sie handhaben, sie ergeben einen Sinn für mich) Soziale Kompetenz (ich kann meine Bedürfnisse befriedigen und gleichzeitig Rücksicht auf andere nehmen) Körperliche Gesundheit, Fitness Strategien für einen gelingenden Umgang mit Stress Die vier Kästchen in der obigen Abbildung zum Stressprozess stellen gleichzeitig vier Hebel zum Umgang mit Stress dar. Als Berufsbildner/in können Sie folgende Strategien anwenden, damit Lernende mit Stress erfolgreicher umgehen: Stressoren und Belastungen abbauen / optimieren Bestehende Ressourcen identifizieren und verstärkt nutzen, neue Ressourcen aufbauen Stresssituationen optimieren, das heisst: sie anders bewerten oder bewältigen (nach Absprache mit der/dem Lernenden) den Stress mit geeigneten Reaktionen abbauen (z.B. mit Aktivitäten zur Erholung) Massnahmen zur Reduktion von Stress: Zwei Perspektiven Bei den konkreten Massnahmen zur Reduktion von Stress können zwei Perspektiven unterschieden werden: Die «Verhaltensprävention» setzt bei der Haltung und den Verhaltensweisen der einzelnen Personen – hier der Lernenden – an. Die «Verhältnisprävention» ist darauf angelegt, Stress mit gesundheitsförderlichen Arbeitsbedingungen entgegen zu wirken. Verhaltensprävention: Bei der Person ansetzen «Stressmanagement» an sich: Gemeinsame Betrachtung über die Entstehung von Stress, stressauslösende Faktoren, Ressourcen, Umgang mit Stress Erholungstrainings und ähnliche Massnahmen wie Meditation, Yoga Sport, allgemeine Massnahmen des Ausgleichs und der Erholung Konfliktmanagement Zeitmanagement / Arbeitsmethodik / Selbstmanagement ... Verhältnisprävention: Bei den Bedingungen ansetzen Stresssymptome analysieren: Krankenstand, Fehlerhäufigkeit, Zufriedenheit und Befindlichkeit der Lernenden Analyse der Arbeitssituation und der Arbeitsbedingungen: Identifikation häufiger Probleme, Belastungen und Ressourcenpotenziale (z.B. mittels Interviews, Befragungen, Tätigkeitsbeobachtungen) Massnahmenerarbeitung: Kurz-, mittel-, langfristige Massnahmen, Priorisierung unter Einbezug der Vorgesetzten und ggf. der Geschäftsleitung Soziale Unterstützung stärken: Führungsverhalten optimieren, Kultur der Wertschätzung und gegenseitigen Unterstützung fördern, Gesundheit und Stress als Thema zulassen Dokumente und Anlaufstellen Material / Downloads Aufgabengestaltung Literatur Aufgabengestaltung Anlaufstellen 147.ch Notrufnummer für Kinder und Jugendliche feel-ok.ch Unterstützungsangebot für Jugendliche zu verschiedenen Themen; u.a. Selbstvertrauen, Essstörungen, Alkohol, Ernährung, berufliche Schwierigkeiten, Stress Beinhaltet auch kostenlose Unterlagen für Lehrpersonen stressnostress.ch Die Website richtet sich an Mitarbeitende, Patrons, Führungsverantwortliche und Personalverantwortliche in Arbeitsorganisationen jeder Grösse zu vertiefenden Informationen zu den Themen Stress, Umgang mit Stress, Stressabbau und Motivation. tschau.ch E-Beratung und Jugendinformation für junge Menschen in der deutschsprachigen Schweiz; z.B. zum Thema Entspannung