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Gesundheitsbefragungen in agilen Organisationen

Agiles Arbeiten ist mit verschiedenen Chancen und Risiken für die Gesundheit der Mitarbeitenden verbunden. Für ein erfolgreiches und gesundheitsförderliches agiles Arbeiten ist es daher wichtig, regelmässig den Gesundheitszustand der Mitarbeitenden zu messen und so mögliche Potentiale und Gefahren zu entdecken, um dann gesundheitsförderliche Massnahmen abzuleiten. Dazu bietet sich beispielsweise das bewährte Befragungsinstrument FWS Job-Stress-Analysis von Gesundheitsförderung Schweiz an. Was gilt es aber bei Gesundheitsbefragungen in agilen Organisationen zu beachten? Dies wollen wir im folgenden Blogbeitrag beantworten

Dr. Miriam Nido,
iafob

Eliane Obrist,
iafob

Seit ‘agil’ in aller Munde ist und sich viele Unternehmen für agile Arbeits- und Organisationsformen entscheiden, ist es wichtig zu beobachten, welche gesundheitsbezogenen Chancen und Risiken mit agilen Arbeits- und Organisationsformen einhergehen. Damit kann eine Organisation einerseits sicherstellen, dass Gesundheit in agilen Entwicklungen mitgedacht wird. Andererseits zeigt es die richtigen Ansatzpunkte für Massnahmen auf, damit Mitarbeitende auch in agilen Settings gesund, motiviert und leistungsfähig sind.

Grundannahmen agiler Arbeit

Das Verständnis von Agilität ist so vielfältig wie die eingeschlagenen agilen Wege. Zu dem, was Agilität auszeichnet, zählt das Arbeiten in selbstorganisierten Teams, die iterative und inkrementelle Vorgehensweise und das Kollaborieren sowie das kollektive Lernen. Auch spielen Transparenz und Visualisierung eine bedeutende Rolle. Wir haben es hier mit einer Arbeitsweise zu tun, die einige der bekannten persönlichkeits- und gesundheitsförderlichen Kriterien aufgreift. So stehen beispielsweise die Lern- und Entwicklungsmöglichkeiten im Vordergrund. Der autonomen Arbeitsgestaltung sowie der sozialen Interaktion kommt ein zentraler Stellenwert zu. Dementsprechend ergeben sich auch gesundheitliche Chancen und Risiken.

Chancen und Risiken für die psychische Gesundheit

Zu den grössten gesundheitlichen Chancen von agilem Arbeiten zählen hohe Autonomie, eine fortlaufende realitätsnahe Aufwandschätzung, die Möglichkeit kontinuierlicher Selbstwirksamkeits- und Erfolgserfahrungen, Unterstützung und Lernen durch regelmässige gemeinsame Reflexion und Informationssicherheit.

Zu den typischen Risiken zählen die hohen Anforderungen an das Selbstmanagement, qualitative und quantitative Überforderung, Kooperationsbelastungen und Konflikte, Abgrenzungsprobleme und Überengagement (siehe auch Faktenblatt 45, S. 3 und Blog von Andreas Kause.

Zentral für eine agile Organisation ist, dass sie weiss, wie es um diese gesundheitlichen Chancen und Risiken bei ihren Mitarbeitenden steht. Denn der Gesundheitszustand der Mitarbeitenden steht in engem Zusammenhang mit der Produktivität, Motivation und Zufriedenheit der Mitarbeitenden.

Gesundheitsbefragungen am Beispiel FWS Job-Stress-Analysis

Die nach wie vor am meisten verwendete Methode, um den Gesundheitszustand von Mitarbeitenden festzustellen, sind Gesundheitsbefragungen. Zur Erfassung des subjektiven Gesundheitszustands der Mitarbeitenden eignen sich validierte Fragebögen. Sie können detailliert Aufschluss geben über die Balance von Ressourcen und Belastungen der Mitarbeitenden. Die Interpretation kann dann sogleich mit dem Entwickeln von geeigneten Massnahmen verbunden werden, die einen guten Gesundheitszustand sicherstellen oder bei Bedarf verbessern.

Erste Anwendungsbeispiele zeigen, dass sich der Einsatz des bewährten Befragungsinstruments FWS Job-Stress-Analysis von Gesundheitsförderung Schweiz gut für agile Settings eignet (siehe auch Faktenblatt 45). Folgendes sollte dabei beachtet werden:

  • Welche Schlüsselpersonen werden für die Begleitung und Durchführung der Befragung einbezogen? Promotorinnen mit Schlüsselrollen und Vertreterinnen aus Teams/Kreisen mit Gesundheitsbezug einbeziehen und befähigen.
  • Welche Themen/Module sind für die Befragung relevant? Fragen zu Führungskräften auslassen, falls es keine Führungskräfte gibt (z.B.: in holokratischen Organisationen), Vertiefungsmodul «Life Domain Balance» könnte sich zusätzlich eigenen.
  • Begrifflichkeiten sollten auf die agile Terminologie angepasst oder erläutert werden (z.B. Zusammenarbeit im Team entspricht der Zusammenarbeit in Kreisen)
  • Die Ergebnisse sollten in Bezug auf das agile Setting interpretiert werden: «Treten typische zu erwartende Belastungen und Ressourcen agiler Settings in den Ergebnissen auf?»

 

Wichtigste Learnings

  • Agiles Arbeiten geht mit gesundheitsförderlichen und gesundheitsgefährdenden Aspekten einher.
  • Wichtig ist es, den Gesundheitszustand der Mitarbeitenden regelmässig zu erheben. Idealerweise vor- und nach einer agilen Transformation – in Form eines Monitorings. Damit kann sich eine Organisation ein Bild über das Ressourcen- und Belastungsverhältnisse der Mitarbeitenden machen – und im Falle von zunehmenden Belastungen rechtzeitig entsprechende Massnahmen ableiten. Unter Beachtung weniger Punkte eignet sich das Befragungsinstrument FWS Job-Stress-Analysis auch für agile Settings.
  • Wie gut die agile Transformation gelungen ist oder inwiefern agiles Arbeiten tatsächlich zur Organisation selbst und zu den Individuen im Unternehmen passt, könnte ebenfalls im Rahmen einer Befragung abgeholt werden. Dafür müsste aber ein eigens dafür entwickeltes, spezifisches Instrument eingesetzt werden, welches die Umsetzung agiler Prinzipien und Werte ganz gezielt erfasst.